September 2025 - Ausgabe 272
Frisch von der Leinwand
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The life of chuck
von Anna Prinzinger |
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Ich war nicht allein. Wir waren zu dritt in diesem Film, in dem es, wie schon der Titel verrät, um Chuck geht. In der Verfilmung von Stephen Kings gleichnamiger Shortstory wird aus Chuck‘s Leben erzählt, allerdings nicht chronologisch, sondern rückwärts. Der Film beginnt am Ende. Und das wortwörtlich: nämlich mit dem Weltuntergang. Die Menschheit erleidet alle erdenklichen Naturkatastrophen: Kalifornien versinkt im Meer, Vulkane brechen aus, das Internet bricht zusammen, Erdbeben erschüttern die Städte. Die Menschen bringen sich um, heiraten, verlassen ihre Liebsten oder warten einfach nur auf das Unvermeidliche. Und immer wieder tauchen ein Plakat oder ein Werbespot auf, immer mit Chucks Konterfei und immer mit denselben Worten: »Thank´s Chuck!« Doch niemand kennt Chuck, auch die Zuschauer nicht. Hauptakteure des ersten Teils des Films sind Marty und Felicia, ein Ex-Ehepaar, das in den letzen Momenten der Welt doch lieber beieinander als alleine ist. Erst am Ende des ersten Teils taucht Chuck auf. Der Zuschauer ahnt, dass es eine Verbindung zwischen Chuck und dem Ende der Welt gibt: Chuck liegt in einem Krankenhaus und stirbt. Der zweite Akt ist kurz und spielt neun Monate vor dem Weltuntergang. Chuck, ein Buchhalter auf Geschäftsreise, hat einen freien Nachmittag, begegnet beim Spaziergang einer Straßenmusikerin und beginnt wild zu tanzen. Die Moves hat er von seiner Großmutter gelernt. An diesen Moment kann sich Chuck später im Krankenhausbett noch erinnern, obwohl ein Gehirntumor sein Gedächtnis eigentlich schon ausgelöscht hat. Teil drei zeigt den Anfang der Geschichte: Chuck ist sieben Jahre alt, als die Eltern mit seiner noch ungeborenen Schwester bei einem Autounfall ums Leben kommen. Er wächst bei den Großeltern auf, einer Großmutter, die das Tanzen liebt, und einem Großvater, der von Beruf Buchhalter ist. Nach dem Tod der Großmutter geht Chuck in einen Tanzclub, was dem Großvater nicht gefällt. Er möchte, dass Chuck »etwas Richtiges« lernt. Aber Chuck kann das Tanzen nicht aufgeben. Der Film fesselt, obwohl wir das Ende schon kennen. Wir warten auf die Erklärung. Ein Gedicht von Walt Whitman taucht auf, das etwas mit der Lösung zu tun haben muss: Song of Myself, 51. Darin heißt es: »I contain multitudes« - »Ich enthalte Vielheiten.« Der Film berührt. Vor uns wurde gelacht, hinter uns geweint. Und ich war verwirrt. Ich musste mich bei meinen Freunden vergewissern, dass ich auch alles verstanden habe. Und dass als Quintessenz nur bleibt: Das Leben ist zu kurz, um nur Buchhalter zu sein. Und dass jedes Leben ein eigenes kleines Universum ist. - So sentimental wie dieser Film, so sentimental darf nun auch dieses Schlusswort sein. |









