Oktober 2025 - Ausgabe 273
Briefwechsel
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Die Bäume sind weg
von Rafael Steiner |
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Rafael Steiner über „Die letzten Riesen“ in Ausgabe 272 Die Bäume sind weg. Es sollte klar sein, dass bald aufgearbeitet sein muss, wer diese Kommandoaktion zu verantworten hat, wenn die lokale Politik und Verwaltung nicht den letzten Rest Vertrauen verspielen wollen. Aber wichtig ist es jetzt, nach vorn zu blicken! Denn technisch gesehen haben wir weiterhin nur die sprichwörtliche Wahl zwischen Pest und Cholera. In dem theoretischen Szenario, bei dem der U-Bahn-Tunnel nicht weiter saniert wird, müssten in absehbarer Zeit viele Menschen auf andere Verkehrsmittel umsteigen, weil die Aufsichtsbehörden den Betrieb der U7 hier nicht mehr verantworten könnten. Später würde der korrodierte Stahlbeton des undichten Bauwerks nach und nach wie feuchter Zwieback zusammensacken und die Baumwurzeln würden ihren Halt verlieren. Oder aber, die meisten Bäume zwischen Mehringdamm und Südstern werden gefällt, um den Tunnel freilegen zu können. Die vielen alten und ebenso wichtigen Versorgungsleitungen sind sinnvollerweise auch gleich dran. Der Bezirk kann danach die Straße zugunsten von Fußgängern und Radfahrern sowie mit höherer Aufenthaltsqualität neu gestalten. Auch, wenn man keine der beiden Alternativen mag, sind Thesen darüber, aus welch niederen Motiven „die da oben“ Bäume umsägen lassen, eher sinnlos. Ebenso wenig hilft es, womöglich mit einem Chatbot, Vorschläge aus dem virtuellen Hut zu zaubern, bei denen selbst neutrale Fachleute aus technischen, rechtlichen oder finanziellen Gründen abwinken. Doch als jemand, der schon gelegentlich auf einer solchen zu sanierenden Tunneldecke gestanden hat, sehe ich in der folgenden, etwas unüblichen Herangehensweise eine zunächst abstrakte Chance: Für die Vergabe öffentlicher Aufträge gibt es das Verfahren des sogenannten wettbewerblichen Dialogs (siehe § 18 VgV, bzw. § 17 SektVO). Damit könnten Ideen zur Sanierung des Tunnels unter der Bedingung, möglichst alle Bäume zu erhalten, ausgeschrieben, geprüft und entwickelt werden. Europaweit würden Sachverständige und spezialisierte Unternehmen auf diese Herausforderung aufmerksam werden. Mit einer Auswahl von Bewerbern wären praktikable Konzepte zu erarbeiten. Ob es dann vernünftig ist, die Realisierung der besten Lösung zu finanzieren, bliebe abzuwägen. Eine volkswirtschaftliche Bewertung wäre zweckmäßig, keine Geldverteilungsdiskussion. Nun dürfte die Kreuzberger Chronik nicht das Fachblatt für meinen Vorschlag sein, aber vielleicht liest dies jemand, der eine politisch wirksame Initiative ergreift. Sagt mir bitte Bescheid. |









