Kreuzberger Chronik
März 2025 - Ausgabe 267

Tenzer

Vollmond über Kreuzberg


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von Gerhard Tenzer

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Wenn Tenzer sich selbst ins Bild setzt, dann nicht nur als Zeichner hinter Staffelei und Schreibtisch oder als Schlagzeuger einer Jazzband, sondern gerne auch als nachdenklichen Dichter. Denn wie alle echten Künstler hat auch er viele Talente. Zum Vollmond schrieb er:

Was stahl mir heute meinen Schlummer?
Was trieb mich noch in die Nacht so spät?
Sodbrennen oder Liebeskummer?
Beides brennt, doch beides vergeht.

Ists der Mond, die Rußlaterne,
der mich jetzt so munter hält?
Ein Glockenschlag aus weiter Ferne?
Ein Hund, der noch im Traume bellt?

So ziehts zum Kreuzberg mich empor.
Am Wasserfall vorbei zu Fuß
mir ist, als ob ich was verlor,
und oben wiederfinden muss.

Stille ist´s, und nur ein Reisig,
knackt unter meinem Wanderschritt,
gar nicht weit schnarcht leis ein Zeisig,
bekommt im Schlaf von mir nichts mit.

Auf Dächer blicke ich hinunter,
in einem Fenster ist noch Licht.
Vielleicht ist noch ein Pärchen munter
und erzählt sich ein Gedicht.

Vielleicht von Heine oder Kant
oder so eins wie dieses hier,
wo einer auf dem Kreuzberg stand
in einer Mondnacht um halb vier.


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