Kreuzberger Chronik
Februar 2025 - Ausgabe 266

Frisch von der Leinwand

Nosferatu


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von Anna Prinzinger

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Wahrscheinlich haben Vampir-Fans seit der Ankündigung der Neuverfilmung des Klassikers die Tage bis zum 2. Januar im Kalender abgehakt, an dem der neue Nosferatu die Leinwände eroberte. Als ich ins Kino gehen wollte, waren die Vorstellungen in den Kreuzberger Kinos alle schon ausverkauft. Wir mussten bis nach Neukölln reisen. Ich hoffe, die Leserschaft kann darüber hinwegsehen.

Es ist lange her, dass ich in einem Cineplex war. Der Geruch von Nachos und Popcorn schwängert die Luft der obersten Etage der Neukölln Arcaden. Ich hatte mich Freunden angeschlossen. Eigentlich haben die einen guten Geschmack. Aber vorbereitet waren sie nicht. Keiner hatte die alten Verfilmungen des Stoffes gesehen und nur einer hatte die Romanvorlage Dracula gelesen.

Die Neuverfilmung von Robert Eggers, der schon in seiner Jugend Nosferatu inszenieren wollte, hat eine tolle Besetzung. Mit Nicholas Hoult und Lily-Rose Depp in den Hauptrollen des jungen, frisch verheirateten Ehepaares, das nach sozialem Aufstieg dürstet, und Bill Skarsgård, der wieder mal einen Bösewicht mimt: Graf Orlok, besser bekannt als Nosferatu.

Die Geschichte spielt Mitte des 19. Jahrhunderts. Ellen und Thomas Hutter haben gerade erst geheiratet und nun muss Thomas für seine Firma einen Kunden in einem Schloss in Transsilvanien besuchen, um einen Vertrag mit ihm abzuschließen. Was Thomas nicht weiß: Der Kunde, Graf Orlok, ist ein Vampir, den seine Gattin in ihrer Jugend aus seinem tiefen Schlaf erweckt hat. Seitdem sind die beiden voneinander besessen, er befriedigt ihre Bedürfnisse.

Nach Ellens Hochzeit will Nosferatu die Verbindung, die durch ihre Ehe mit Thomas gelitten hat, erneuern. Er folgt Thomas nach Deutschland, wo Ellen sehnlichst auf ihren Mann wartet. Ellen wird wie in ihrer Jugend wieder von Anfällen geplagt, die nicht selten eine sexuelle Note haben. »Du konntest mich nie so befriedigen wie er.« Das ist nur einer der Sätze, die mich zum Cringen brachten. In einer Nacht gelingt es der schönen Ellen, ihren Liebhaber so lange an sich zu fesseln, bis die Sonne aufgeht. Wer etwas von Vampiren versteht, weiß: Der erste Lichtstrahl der Morgensonne ist ihr sicheres Todesurteil.

Auch wenn Eggers mit authentischer Kleidung und realen Kulissen arbeitete, kam am Ende nicht viel heraus. Es gab gute Ideen und Ansätze, die aber selten zuende gedacht wurden. Und der Versuch, die Geschichte aus Ellens Sicht zu erzählen, kam bei den Zuschauern in Neukölln offenbar nicht gut an. Die Mienen am Ausgang waren gelangweilt. Die Schauspieler können noch so phantastisch spielen – wenn das Drehbuch nicht gut ist, ist der ganze Film nichts wert.


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