Juli 2024 - Ausgabe 261
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Ich bins nur ![]() von Hans Rombach |
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»Ich bin´s nur, nicht erschrecken!« - Auf seinem Stuhl sitzt, nein thront, unser Nachbar Hardeweg. Gerade das Licht angeknipst, um die Ecke gekurvt, und dann erschrickt man doch. Obwohl man schon damit rechnet, gleich seinem rheinischen Singsang zu begegnen. Es mag jetzt 22 Uhr sein, den Weg in den zweiten Stock schafft er nicht mehr auf Anhieb. Eine Rast auf dem Absatz zwischen erstem und zweitem Stockwerk, seine Pausenzone. Ein keckes Lächeln empfängt uns, man nimmt sein Abendessen - eine Tasche voll guter Getränke - wird sie ihm vor die Tür stellen, davor ein netter Plausch. Er wird noch eine Weile Kraft schöpfen, im Dunkeln sitzen, alleine. Ist er einsam? Mit Sicherheit nicht. Sobald das Tageslicht die Oberhand gewinnt, sitzt - nein: residiert - Bernd an seinem Marheinekeplatz, weiß Rat für viele, die wie er, sich schwer tun mit den alltäglichen Notwendigkeiten und Erwartungen unserer Gesellschaft. Bernd kennt das, Uhrwerke präzise richten ist seine Leidenschaft. Das Handwerk, sein Geschäft, in prominenter Lage damals, am Marheinekeplatz. Irgendwann gerät seine eigene Uhr aus dem Takt, der Absturz, am Ende ist alles verloren. Sein Glück: Es bleibt die Wohnung am Marheinekeplatz. Er fängt sich, aber arbeiten kann er nicht mehr, er ist krank. Nun hat er Zeit, immer schick gewandet, ein keckes Hütchen auf dem Kopf, trinkt er gerne sein Bierchen in Gesellschaft. Er ist wort-gewandt, geistreich, gewitzt und weiß genau, was er will. Als Kiezkosmopolit überredet er schon mal eine Gruppe englischer Touristen, diese schleppen ihm dann einen Schrank in sein Zuhause, dafür kredenzt er ein frisches, kühles, deutsches Bier und Konversation. Nun ist sein Platz verwaist, der Stuhl ein Stockwerk höher gerückt, Rastplatz für einen andern Nachbarn. |