Dezember 2024 - Ausgabe 265
Mühlenhaupts Erinnerungen
Texas Willi ![]() Autor unbekannt |
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![]() Wir machten es uns zwischen meinem alten Trödel gemütlich und leerten langsam die Flasche. Ich stellte fest, dass ich einen sehr standhaften Trinker vor mir hatte. Worüber wir im Einzelnen redeten, weiß ich nicht mehr, aber er kam ja des Öfteren. Da weiß ich nur noch von einem unheimlichen Kummer, den er hatte. Es ging wohl ums Politische. Darum kam er wahrscheinlich zu mir. Er wollte mal auf andere Gedanken kommen. So äußerte er den Wunsch, meine Bilder und die vom Friedrich Schröder-Sonnenstern im Rathaus zu zeigen. Ich sagte zu und nach ein paar Monaten hingen sie im Rathaus Kreuzberg. Die Presse kam, und wir hatten gleich den dicksten Ärger am Hals. Es hieß, die Bilder seien anstößig und außerdem eine Gotteslästerung. »Der Friedrich muß mit seinen Bildern wieder raus«, sagte Kressmann. Natürlich konnte ich da nicht mitmachen und hängte meine Bilder ebenfalls ab. Als wir mit dem Leierkasten noch ein bißchen Krach drumrum machten, verwies uns der Bürgermeister auf seine Bannmeile, die wir einzuhalten hätten. Aber wie das so ist, wir bewirkten mit alledem das Gegenteil. Die Berliner Zeitungen schrieben darüber. Nun wollten alle die anstößigen Bilder sehen. Man holte uns wieder zurück. Das ganze Theater hatte keinen Einfluß auf unsere Freundschaft. Wir trafen uns weiter, und als ich zu ihm sagte: »Der Kressmann ist doch ein ganz berühmter Mann«, unterbrach er mich: »Wenn ich längst in Vergessenheit geraten bin, dann wird man noch lange von dir reden.« Und so kam es auch. Kressmann redete viel über die Ostpolitik, und daß es uns möglich wäre, den Leuten drüben zu helfen. Aber er redete nicht nur mit mir darüber, sondern auch mit den Zeitungsleuten. Das gefiel denen von der SPD nicht. (...) Und obwohl Willi Brandt einige Jahre später die gleichen Gedanken hatte, nahm man es dem Kressmann sehr übel. Seitdem rannte Texas-Willi nur noch mit Rechtsanwälten herum, weil er befürchten mußte, dass man ihm das Wort im Munde umdreht. Er wechselte von der SPD zur CDU. Das war das Dümmste, was er machen konnte, denn jetzt hatte er nur noch ganz wenige Getreue. Danach besuchte ich ihn noch einmal in seiner Wohnung hoch über den Dächern Charlottenburgs, in der er mit der bekannten Architektin Frau Kressmann-Zschach lebte. Wir feierten seinen Geburtstag, aber wir waren fast allein. |