Kreuzberger Chronik
März 2016 - Ausgabe 177

Briefwechsel

Mogelpackung


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von Hans Peter Hubert

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H.-P. Hubert zu »Das Ende der Bergmannstraße«, Nr. 175

Sehr geehrte Redaktion,
wir freuen uns, dass mit dem Artikel der Ausgabe 12/2015 die Aufmerksamkeit auf die Verkehrsproblematik im Bergmannkiez gelenkt wurde. Drei Punkte jedoch möchte ich kurz hervorheben:

1. Das Hauptziel der Initiative Leiser Bergmannkiez war und ist die Sperrung der Zossener Straße für den motorisierten Durchgangsverkehr. Dieser rauscht in Nord-Süd-Richtung durch unseren Kiez und nutzt niemandem – auch nicht den Gewerbetreibenden.

2. In der Friesenstraße gibt es bereits ein Tempo-30-Limit. Verkehrsmessungen zeigen: Von rund 1,3 Mio. Fahrzeugen im 1. Halbjahr 2015 fuhren nur 2 Prozent schneller als 40 km/h. Das Problem ist also nicht die Geschwindigkeit, sondern die Verkehrsmenge: Schon ein einzelnes Auto mit Tempo 30 verursacht auf dem Kopfsteinpflaster bis zu 85 Dezibel, die nachhaltige Gesundheitsgefährdung beginnt bei 70 Dezibel. In unserem Kiez leben nicht nur die von Ihnen belächelten Alt-68er mit seniler Bettflucht, sondern auch Kinder mit Schlafstörungen. Dass die Friesenstraße nun asphaltiert wird, hat sich übrigens der Senat ausgedacht, in dessen Verkehrs-Hoheit die Friesenstraße liegt – als »Alternative« zu unserer o.g. Sperrungs-Forderung.

3. Auch die Begegnungszone Bergmannstraße ist eine Idee der Politik, nicht der Initiative. Die Bürgerbeteiligung dazu geht ab Februar 2016 in die entscheidende Phase. Ob die Begegnungszone kommt und wie sie aussieht, ist uns grundsätzlich egal. Das sollen die Bürger entscheiden. Doch die Neugestaltung der Markthallen-Kreuzung kann erhebliche Auswirkungen für den Verkehr in unserem Kiez haben. Daher engagieren wir uns in der Ausgestaltung der Bürgerbeteiligung, damit möglichst viele Menschen die Chance zur Information und Beteiligung an den Verkehrsplanungen haben. Wir können damit leben, dafür als »Mogelpackung« bezeichnet zu werden. Immer noch besser, als sich nicht einzumischen und am Ende zu beklagen, dass mal wieder die böse Politik über die Köpfe der Bürger hinweg entschieden hat.
Wir sind der Meinung, dass Lebens- und Wohnqualität nicht im Widerspruch zu auskömmlichen Geschäften stehen müssen, sondern gemeinsames Ziel Aller im Bergmannkiez sein sollten.

Hans-Peter Hubert / Initiative Leiser Bergmannkiez

Sehr geehrter Herr Hubert,

Vielen Dank für die ausführlichen Informationen zur Verkehrslage im Kiez, die in unserem Beitrag tatsächlich zu kurz kam. Uns ging es nämlich tatsächlich eher um die - wir zitieren - «böse Politik«, die auch jetzt wieder über die Köpfe der Bürger hinweg entscheiden möchte. Seit der Aufhebung des von einer Bürgerinitiative initiierten Gesetzes zum Erhalt des Tempelhofer Feldes durch Bürgermeister Müller muss allen Bürgern klar sein: Diesem Senat kann niemand trauen. mfG, d. R.


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