Mai 2012 - Ausgabe 137
Geschichten & Geschichte
Der Gitarrist der Neuen Welt ![]() von Werner von Westhafen |
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1967 betrat er die Bühne der Neuen Welt. Er veränderte die Rockmusik. In diesem Jahr wäre er 70 geworden Einen seiner unvergesslichsten Augenblicke erlebte der große Saal der Neuen Welt an der Hasenheide, als im Mai 1967 der Gitarrist Johnny Allen alias James Marshall die Bühne betrat. Es war das erste Berlin-Konzert jenes Mannes, der nicht nur für die Furore der Marshall-Boxen sorgte, sondern der unter einem dritten und weitaus bekannteren Namen die Welt der Rockmusik veränderte. ![]() Auch der Bassist der Beat Cats kann sich noch gut erinnern an diesen ersten Auftritt der Jimi Hendrix Experience. Mitch Mitchel kam auf die Cats zu und fragte, ob sie nicht ihr Schlagzeug auf der Bühne lassen könnten, er würde lieber mit zwei Bassdrums spielen als mit einer. Die Beat Cats hätten im Gegenzug gern diese Marshalltürme gehabt, doch das klappte aus irgendeinem Grund nicht. »Irgendwann stöpselte Hendrix dann seine Gitarre ein und machte einen Höllenlärm. Er stellte sich in seiner weißen Schlaghose vor die Boxen und hielt die Gitarre davor. Er produzierte das, was wir immer zu verhindern versuchten: ein kreischendes Feedback. Wir hatten sofort die Nase voll.« Bei seinem Auftritt sprengte er dann fast den Stuck von den Wänden. Er trat auf die Bühne, sagte »Happy new year first of all«, obwohl es Mitte Mai war, und dann begann er zu spielen. Vom Bassisten und vom Schlagzeug der Beat Cats war nicht mehr viel zu hören, Hendrix übertönte mit seiner Gitarre alles. Jimi Hendrix war tatsächlich ein Showman, und seine Show beeindruckte auch die Berliner, doch die Musik irritierte sie. »Die meisten dachten, was isn das fürn Krach?« Als der Bassist der Beat Cats diesen Lärm hörte, der aus den Marshalltürmen kam, ist ihm »erst einmal die Kinnlade runtergefallen, als die loslegten. Aber irgendwann war klar: Das verändert die Musik auf der ganzen Welt!« Zwischen den beiden Gigs, die Hendrix mit seiner Experience in der Neuen Welt spielte, ließ sich Bass-Rainer eines der Plakate von diesem Mann signieren, der schon drei Jahre später tot im Bett gefunden wurde. Geblieben sind von diesem Konzert lediglich einige in der ganzen Stadt verstreute Erinnerungen und ein paar verkratzte Schwarzweiß-Aufnahmen. Die einzige Tonaufnahme, ein Livemitschnitt des kompletten Konzertes, ist bei einer Aufräumaktion für immer verloren gegangen. ![]() |