Kreuzberger Chronik
Oktober 2004 - Ausgabe 61

Reportagen, Gespräche, Interviews

Check-in zur Zukunft


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von Ernst Niemann

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Interview mit Jutta Matuschek, verkehrspolitische Sprecherin der PDS-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus:

Frau Matuschek, warum befürworten Sie ausgerechnet das Konzept des Stuttgarter Architekten Hans-Georg Brunnert, der Tempelhof mit Schönefeld verbinden will?

Zum einen natürlich aus politischen Gründen, weil mit diesem Projekt ganz handfest noch bestehende Mauern zwischen Ost und West endlich überwunden werden.
Zum anderen, weil mit dieser Verbindung eine Nabelschnur zwischen Berlin und Brandenburg geschaffen wird, die für die bevorstehende Länderfusion lebenswichtig ist, der wir übrigens mit dem jüngsten Wahlerfolg meiner Partei in Brandenburg einen Schritt näher gekommen sind.

Wirtschaftliche Aspekte sind für Sie also unwichtig?

Unsinn! Aber ich gehöre nicht den Grünen an, die in Tempelhof ein Reservat für Wisente und Büffel einrichten wollen. Da bräuchten wir dann wohl auch nicht mehr lange warten, bis ein Buffalo Bill die Tiere wieder abknallt. An Brunnerts Konzept dagegen fasziniert mich, Tempelhof als Terminal samt Einkaufspassagen und Check-in für den neuen Großflughafen zu nutzen. Und auf der unterirdischen Bahntrasse über die vorhandene Neuköllner-Mittenwalder Verbindung können die Fluggäste in 14 Minuten zu den Flugsteigen in Schönefeld gebracht werden. Das ist kostengünstiger als die mit 496 Millionen Euro veranschlagte Anbindung des neuen Flughafens in Schönefeld an das Netz der Deutschen Bahn.

Solche Plane sind ja nicht völlig neu …

Ja, bereits vor 1945 konzipierte man den Bau einer unterirdischen Schnellstraße vom Reichstag nach Tempelhof. Das müßte nur vollendet werden, dann könnten wir auch vom Abgeordnetenhaus blitzschnell zum Flughafen eilen. Und dann verkündete beispielsweise schon mein Jugendweihegeschenkbuch »Weltall, Erde, Mensch« aus DDR-Zeiten die revolutionäre Vision vom Großflughafen Schönefeld, wo in einem modernen Verkehrsdrehkreuz die S-, U- und Fernbahnlagen mit denen der Autobahnen und des Flughafens zusammenfließen. Das möchten wir wiederbeleben.

Zu den Vorhaben aus dem genannten Buch gehören aber auch Hubschraubertaxis, die die Reisenden kostenlos vom Alex nach Schönefeld bringen.

Sicher. Doch darüber beraten wir erst in der nächsten Legislaturperiode, wo wir in der neuen Regierungskoalition nicht mehr der kleinere Juniorpartner sein werden.

(Das Gespräch führte Thomas Heubner. Sperrfrist für die Veröffentlichung des Interviews bis zum 11. 11. 04, 11.11 Uhr.) <br>

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